KULTUR – LABOR UNSERER ZUKUNFT, ZEUGNIS UNSERER GEGENWART UND VERGANGENHEIT
Was uns im Innersten zusammenbringt
Kunst und Kultur in der Breite Raum bieten
Die Knoten lösen – Städtische Bühnen und Kulturcampus
Buch- und Literaturstadt Frankfurt stärken
Kulturelle Bildung stärken – Zugänge ermöglichen
Erinnerung prägt die Zukunft
Maßnahmenliste im Einzelnen
„Die Kultur genießt den Schutz und die Förderung des Staates, der Gemeinden und Gemeindeverbände.“ So steht es in der hessischen Verfassung. Kunst und Kultur sind direkter Ausdruck der Menschlichkeit, sie schärfen die Sinne und den Blick, sie öffnen das Hirn und das Herz. Kultur soll nichts und erlaubt ist fast alles – solange es die Menschenwürde nicht verletzt.
Frankfurt lebt von Kunst und Kultur und von seiner Vielfalt. Frankfurt schöpft aus seinen Kontrasten. Die Gegensätze sind Frankfurts Energie. So wichtig das Drehkreuz Frankfurt mit seiner Wirtschaft für die Region, für Deutschland und Europa ist, so abhängig ist Frankfurt am Main von Kunst und Kultur. Kultur ist das Labor unserer Zukunft, gibt Zeugnis von unserer Gegenwart und Vergangenheit. In den Künsten, in der Malerei, in den Filmen, auf den Bühnen, an den Erinnerungsorten, an den Quellen der Archive, in der Sprache der Literatur und in den Möglichkeiten der Musik wird erprobt, was woanders noch nicht einmal denkbar scheint. Die Gegenwart und Zukunft Frankfurts pulsiert in der Kunst und sie steht und fällt mit der Vermittlungskultur, die wir jetzt dafür haben wollen.
Frankfurts Kunst und Kulturszene hat einen Namen. Sie ist vielgestaltig und erfolgreich. Von der Oper und dem Schauspiel Frankfurt über den Mousonturm bis zu den profilierten Kleinbühnen, vom Literaturhaus in der Alten Stadtbibliothek über die hochklassigen Galerien und freien Ateliers bis zum Städel, dem Deutschen Filmmuseum, dem Liebighaus, dem Kindermuseum oder dem DAM. Von der Street-Art oder von den Gastspielen an der Alten Oper über Jazz, Techno und Rap bis zu den Programmkinos, den Filmfesten und großen Lichtspielhäusern. Die Frankfurter Buchmesse, die Nationalbibliothek, das Jüdische Museum. Frankfurt ist eine Kulturmetropole und hat weit über die Stadtgrenzen hinaus ein großes Publikum dafür. Wenn die Wirtschaft ein Standbein ist, dann ist die Kultur unser Spielbein.
Wir können diese Vielgestaltigkeit nicht bestellen. Kunst kennt keinen Lieferstatus, Kultur ist keine Ware. Aber wir wollen sie ermöglichen. Denn wir brauchen den Widerspruchsgeist der Künste. Kulturpolitik in Frankfurt muss in jeder Hinsicht Räume erhalten und schaffen. Denn lebenswerte Städte sind immer auch widersprüchliche Orte.
Was uns im Innersten zusammenbringt
Über Nacht ist die Corona-Pandemie zum Brennglas geworden für strukturelle Schwächen, Unterfinanzierung und prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Vor allem für Künstler*innen und Kulturschaffende. Wir alle haben gespürt, was fehlt, wenn die Begegnung mit Kunst und Kultur nur noch virtuell stattfinden kann. Wir wollen uns nicht daran gewöhnen. Wir haben noch einmal erlebt, was uns im Innersten zusammenbringt. Wir werden aus den Erfahrungen lernen und der Kunst und Kultur die Wertschätzung, die Infrastruktur und die Unterstützung geben, die ihnen gebühren, um Kunst und Kultur in Zukunft widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen.
Kunst und Kultur in der Breite Raum bieten
Frankfurt hat eine lebendige Szene, aber Frankfurt hat nicht nur zu wenig Platz für Grün und Wohnen, sondern auch zu wenig Raum für Kunst und Kultur. Das zwingt die Künstler*innen und Kulturschaffenden zu einer Kreativität und Flexibilität, die sie zum Glück auch oft aufbringen. Aber es kostet Zeit und Kraft und schränkt die Möglichkeiten ein. Frankfurt wird von einer besseren Unterstützung der Künstler*innen und Kulturschaffenden profitieren. Wir werden die Unterstützung bei der Suche nach bezahlbaren Räumen weiter ausbauen. Wir brauchen dazu auch die Kooperation von Unternehmen und Immobilienbesitzer*innen, wir suchen nach Zwischennutzungen und Möglichkeiten für Kunst und Kultur im öffentlichen oder privaten Raum. Aber auch die Stadt selbst muss hier wieder aktiver werden.
Bei der Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur wollen wir sicherstellen, dass die Institutionen langfristig planen und in nachhaltige Lösungen investieren können. Wir verlangen uns als Stadt und der Gesellschaft mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakatastrophe viel ab. Das gilt auch für die Kulturinstitutionen. Jede*r, der/die schon mal die Finanzierung von langfristigen Strukturen mit Projektfördermitteln organisiert hat, kennt den Eiertanz, der damit einhergeht: Kann ich aus den Projektmitteln energieeffiziente Beleuchtung finanzieren? Obwohl es um die Finanzierung eines Kindertheater-Projekts geht? Wir werden die Einrichtungen bei den entsprechenden Investitionen unterstützen – unabhängig von konkreten künstlerischen Projekten.
Frankfurt muss auch im Bereich der Kultur mehr für den Klimaschutz tun. Dafür wollen wir die kulturelle Infrastruktur nachhaltig weiterentwickeln. Wir werden sicherstellen, dass auch die freien Kulturinstitutionen langfristig planen und in klimaschonende Lösungen investieren können. Freie Kulturinstitutionen müssen sicher und auskömmlich finanziert werden, denn sie stellen ihre Infrastruktur den freien Künsten zur Verfügung. Das bedeutet ein Zuhause und Arbeitsmöglichkeiten für Künstler*innen in Frankfurt: Nur so lässt sich gemeinsam eine lebendige Szene gestalten, die weit über die Stadt hinaus wirkt.
Das Verhältnis zwischen der Festförderung für langfristige Infrastruktur einerseits und der Projektförderung für künstlerische Projekte andererseits muss mit den Beteiligten gemeinsam dringend überdacht und neu geregelt werden. Beides zusammen muss in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, so dass sich die attraktive Frankfurter Szene ohne großen bürokratischen Aufwand weiter entwickeln kann.
Frankfurt ist auch Stadt der Straßenfeste. Sie sind in Größe, Ausgestaltung und Programm so vielfältig wie die Stadt selbst. Hier wird Kultur einer breiten Öffentlichkeit gezeigt, ausgelassen gefeiert sowie nachbarschaftliche Netzwerke über alle kulturellen Grenzen hinweg geknüpft und gepflegt. Derzeit sind sie nur sehr eingeschränkt möglich, langfristig wollen wir Straßen- und Stadtteilfeste wieder fördern und gerade kleine nicht-kommerzielle Initiativen hierbei stärker unterstützen, zum Beispiel hinsichtlich der Gebühren und Lizenzabgaben.
Kulturpolitik ist keine Kunst und keine Kultur, Kulturpolitik soll Kunst und Kultur ermöglichen. Diesen Unterschied wollen wir immer wieder klar machen. Das bedeutet auch: Die Stadt ist kein unmittelbarer Akteur in Kunst und Kultur. Die Stadt ist Partnerin und Ermöglicherin für Kunst- und Kulturschaffende, nicht Konkurrentin. Für dieses Verständnis von Kulturpolitik stehen wir, und wollen im Rahmen einer breiten Beteiligung der Kunst- und Kulturschaffenden und ihrer Institutionen, aber auch der kulturinteressierten Öffentlichkeit zu einer Vereinbarung im Rahmen eines Kulturentwicklungsplans kommen. Kulturförderung muss transparent und fachorientiert sein. Und sie muss zugänglich sein für Künstler*innen und Kulturschaffende, in der Vielfalt, die die Stadt ausmacht. Damit Kunst und Kultur weiterwachsen können.
Die Knoten lösen – Städtische Bühnen und Kulturcampus
In der städtischen Kulturpolitik hat sich an einigen großen Baustellen vieles angesammelt, aber es ist nicht viel vorangekommen.
Über große Investitionen braucht es auch eine breite Verständigung, denn niemand sollte leichtfertig Entscheidungen über Investitionen von einigen hundert Millionen Euro treffen. Wir sehen, dass eine breite Diskussion stattfindet und wollen zu einer Entscheidung über die Städtischen Bühnen kommen. Für uns steht fest: Der Willy-Brandt-Platz ist der Standort der Städtischen Bühnen und soll es auch bleiben. Neue Gebäude müssen dabei die Geschichte des Ortes und der Kultur an diesem Ort respektieren. Der Willy-Brandt-Platz steht für erstklassiges Theater und erstklassige Oper, für politische und gesellschaftlich engagierte Inszenierungen und Provokationen, für die Freiheit von Kunst und Kultur – und für viele Frankfurter*innen und Menschen aus dem Umland und der ganzen Welt für Erinnerungen. Das Wolkenfoyer und die klare, transparente Architektur der Städtischen Bühnen stehen auch für eine Haltung, an der wir festhalten wollen. Wir wollen eine Lösung für die Städtischen Bühnen, die diese Tradition in die Zukunft führt.
Mit dem Kulturcampus hat die Stadt gemeinsam mit vielen Kunst- und Kulturschaffenden und ihren Institutionen einen Plan für die Nutzung des Campus Bockenheim entwickelt, der ausdrücklich nicht nur städtebaulich gemeint ist. Hier muss der Kulturanteil ernsthafter berücksichtigt werden. Wir stehen dafür, dass Stadt und Land am Kulturcampus zusammenarbeiten und werden möglichst viele Synergien der gemeinsamen Raumnutzung prüfen und mit den Institutionen aus Kunst und Kultur tatsächlich einen KULTURcampus realisieren. Wir wollen hier endlich den Knoten lösen und der Kultur – von der freien Kultur mit dem Offenen Haus der Kulturen bis zu öffentlichen Einrichtungen wie der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst – Raum schaffen. Die Planungswerkstätten unter engagierter Bürger*innenbeteiligung haben für das Quartier ein Konzept und die Grundlagen für einen Bebauungsplan erarbeitet, nach dem Kultur, Arbeiten, Gastronomie, Wohnen, soziale Infrastruktur und attraktive Grünflächen kombiniert werden. Dieser Dialog soll transparent und offen weitergeführt werden. Zu diesem rechtsverbindlichen Bebauungsplan stehen wir weiterhin, der im Mai 2020 zwischen Stadt und Land vereinbarte gemeinsame Architekturwettbewerb muss so schnell wie möglich ausgelobt werden.
Buch- und Literaturstadt Frankfurt stärken
Deutschland ist Weltmarktführer für Literatur unter Live-Bedingungen und für Buch-, Buchhandels- und Lesekultur. Frankfurt markiert auf dieser Karte den aufregendsten Punkt: Mit der weltgrößten Buchmesse, mit der Deutschen Nationalbibliothek, mit den Hochschulen, mit dem Sitz des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, mit all seinen Verlagen und mit all seinen Institutionen ist Frankfurt ein Buch-Universum auf engstem Raum. Frankfurts Stadtbücherei war 2018 „Bibliothek des Jahres“. In der Paulskirche wird u.a. der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen, der Deutsche Buchpreis wird im Römer verkündet und Touristen schwärmen ins Goethehaus oder das Caricatura. Angesichts der Corona-Krise ist auch diese Stärke in Gefahr – die aktuellen Debatten um die Buchmesse machen das deutlich. Wir wollen Frankfurt als lebendigen Standort für Literatur und Buchkultur stärken.
Kulturelle Bildung stärken – Zugänge ermöglichen
Kultur schafft – ganz ohne die Vereinnahmung und Instrumentalisierung durch die Politik, die Wirtschaft oder andere Interessierte – Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Sie erweitert die Lebenswirklichkeit, stärkt Mündigkeit und Urteilskraft und ermöglicht die Beteiligung an gesellschaftlichen Entwicklungen. Kultur fördert den Austausch und stärkt den demokratischen Zusammenhalt.
Voraussetzung dafür ist, dass alle Menschen Zugang zu Kunst und Kultur haben. Dieser Zugang entsteht nicht von allein und er entsteht auch nicht automatisch durch kostenfreien Eintritt.
Ein wirklich inklusiver Ansatz bedeutet, dass die Strukturen so verändert werden, dass niemand ausgeschlossen wird, und es bedeutet auch, dass alle Kinder sehr früh beteiligt werden müssen. Dafür werden wir die Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden einerseits und Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen andererseits gezielt fördern. Schule muss als Kulturort entdeckt werden und braucht dafür qualitätvolle künstlerische Angebote und kluge Konzepte, die Kunst und Kultur als selbstverständlichen Teil der Bildung begreifen.
Erinnerung prägt die Zukunft
Voraussetzung jeder Zukunft sind Gegenwart und Vergangenheit. Ohne Erinnerung kein Gedächtnis, ohne Gedächtnis kein Gewissen. Die Erinnerungskultur, die wir heute ermöglichen und leben, prägt unsere Achtsamkeit für aktuelle Entwicklungen. Gerade in Deutschland mit seiner Geschichte ist Erinnerungskultur ein hohes Gut. Es gibt kein friedliches Deutschland ohne Bewusstsein für seine friedlose Geschichte. Die Geschichte lehrt, hat aber keine Schüler, warnte Ingeborg Bachmann. Geschichtsvergessenheit und Politikverdrossenheit sind Taubmacher. Sie hemmen Fortschritt, Wachstum und Erkenntnis.
Gerade in Deutschland mit seiner Geschichte ist Erinnerungskultur ein hohes Gut. In unserem Land und in unserer Stadt wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, die sich auf keinen Fall wiederholen dürfen. Die Erinnerung an diese Verbrechen und die Opfer, der Kampf gegen Antisemitismus, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit muss lebendig bleiben und darf zu keinem starren Ritual werden. Wer in Deutschland lebt, wer in Frankfurt lebt, muss verstehen, wo diese Gesellschaft herkommt. Denn Entwicklungen und Wege, die wir nachzeichnen können, sind Auswege aus Fehlern und Versäumnissen. Und jede Zeit muss ihre Form finden, Erinnerung und Geschichte lebendig zu halten. Deshalb suchen wir nach neueren Formen der Erinnerungskultur, setzen uns ein für Opfergruppen und wenden uns kompromisslos gegen Verfolgung.
„Niemals vergessen, nie wieder!“ gehört zusammen und gehört zu unserem Land und unserer Stadt. Wir wollen die authentischen Orte der Verbrechen des Nationalsozialismus in Frankfurt für die Öffentlichkeit erhalten und wo noch möglich sichtbar machen. Das ehemalige KZ in den Adlerwerken wollen wir sichtbar machen und einen Gedenk- und Lernort errichten. Wir setzen uns dafür ein, dass die ehemalige Synagoge in Höchst wieder sichtbarer wird und damit das ehemalige jüdische Leben, das diese Stadt geprägt und bereichert hat. Wir setzen uns dafür ein, dass die Gedenkstätte an der ehemaligen Großmarkthalle besser für die Öffentlichkeit zugänglich wird. Wir unterstützen Initiativen wie die Initiative 9. November oder auch die Stolpersteininitiative in Frankfurt, den Roma-Förderverein, alle Bildungs- und Forschungseinrichtungen, das Fritz-Bauer-Institut, die Anne-Frank-Bildungsstätte und weitere, um die Verbrechen, die in Frankfurt in der Zeit des Nationalsozialismus begangen wurden, sichtbar zu machen und an die Menschen zu erinnern, die verfolgt und ermordet wurden.
Unsere Freiheit verdanken wir der aktiven Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit und Gegenwart. Deshalb brauchen wir Zeitzeugenschaft, deshalb brauchen wir die Archive, die Museen, die Forschungsstätten, das Innehalten. Frankfurt, vom Historischen Museum über seine Gedenkstätten, von seinen städtebaulichen Narben bis zum Jüdischen Museum ist ein Nukleus für deutsche Geschichte, ein Wimmelbild für ein internationales Miteinander und Anschauung für gelebte Erinnerungskultur. Daran halten wir fest.
Für folgende Maßnahmen stehen wir:
Die Relevanz von Kultur deutlich machen
Kultur Freiräume geben und Freiräume lassen
Kultur für alle zugänglich machen
Große Kulturorte, große Herausforderungen
Strukturförderung sicherstellen, bei der Mittelakquise unterstützen
Wissen, was war: Erinnerungskultur in die Zukunft führen
Kultur durch Krisen helfen
- Wir werden in der aktuellen und auch in zukünftigen Krisen zumindest eine existenzsichernde Basisförderung für Institutionen gewährleisten, um nach dem Ende von akuten Krisen nicht strukturell bei null beginnen zu müssen. Zur Finanzierung werden wir unter anderem die Einführung eines Krisenfonds prüfen, der aus Ticketverkäufen in öffentlich geförderten Institutionen gefüllt wird.
- Wir setzen uns für zukünftige Krisen bei Bund und Land für Strukturen ein, die Kulturschaffenden, Veranstalter*innen und im Bereich Veranstaltungen Beschäftigten die Existenz sichern.
- Wir führen in den Bereichen, in denen die Stadt mittelbar oder unmittelbar aktiv ist, Mindesthonorare für Kulturschaffende ein und setzen uns insgesamt für faire Bezahlung von Kunst und Kultur ein. Wenn Veranstaltungen aus nicht durch die beteiligten Künstler*innen und Kulturschaffenden zu vertretenden Gründen ausfallen, zahlen wir Ausfallhonorare, die den für die Vorbereitungen angefallenen Aufwand angemessen vergüten.
Die Relevanz von Kultur deutlich machen
- Wir begreifen die Kulturförderung als Pflichtaufgabe der Kommune und setzen uns dafür ein, dass sie auch so behandelt wird. Die Freiheit von Kunst und Kultur steht nicht nur in unserer Verfassung, sondern sie muss auch praktisch gelebt und unterstützt werden. Das gilt auch für die Sicherstellung der ökonomischen Möglichkeiten der Kunst- und Kulturschaffenden.
- Kultur ist vielfältig, kreativ, bereichernd, anregend, kritisch, zuweilen widersprüchlich und wir Grüne unterstützen die Freiheit von Wort, Bild, Tanz, Darstellung und anderen Formen. Aber Strukturen und Akteur*innen brauchen ein Mindestmaß an Planungssicherheit. Wir werden unter Beteiligung der Kunst- und Kulturschaffenden, aber auch der Bürger*innen, die strategische Ausrichtung der städtischen Kulturpolitik festlegen. Das Instrument dafür ist ein Kulturentwicklungsplan, der die Relevanz von Kultur festhält, eine Verabredung über die konkreten Ausgestaltungen von Kulturförderung durch die Kommune erarbeitet und Maßnahmen definiert. Bei dieser Planung muss es auch unser Ziel sein, die Vielfalt der Stadtgesellschaft auch bei kulturellen Angeboten zu berücksichtigen und die interkulturellen und cross-over-Chancen und Reibungen kreativ zu nutzen.
- Wir unterstützen die Vernetzung innerhalb der freien Szene und zwischen der freien Szene und den etablierten Kulturinstitutionen. Neben der Klärung von Konflikten durch das existierende Konkurrenzverhältnis wollen wir vor allem das gemeinsame Interesse an einer Stärkung der Rolle von Kunst und Kultur fördern und Möglichkeiten für die Zusammenarbeit eröffnen.
- Wir unterstützen die Digitalisierung auch im Bereich der Kunst und Kultur. Das Programm „HESSEN KULTURELL NEU ERÖFFNEN“ der hessischen Landesregierung bietet hier Chancen. Wir suchen gemeinsam mit den Kunst- und Kulturschaffenden nach sinnvollen Möglichkeiten zur Unterstützung beim entsprechenden Kompetenzaufbau, bei der Umsetzung und der Sichtbarmachung von entsprechenden Initiativen.
Kultur Freiräume geben und Freiräume lassen
- Wir schaffen mehr Flächen und Möglichkeiten für Kunst und Kultur, fördern Zwischennutzungen und bauen die Unterstützung bei der Suche nach Raum und Räumen zur Produktion und Präsentation für alle Sparten weiter aus.
- Wir fördern Kunst im öffentlichen Raum, auch als Bestandteil von Ausschreibungen, Wettbewerben und Stadtentwicklungsmaßnahmen.
- Wir erschließen weitere Orte in Frankfurt, an denen Kulturveranstaltungen im öffentlichen Raum möglich sind. Die Weseler Werft ist ein gut funktionierender Ort, aber der Bedarf nach solchen Orten ist hoch und steigt weiter.
- Die Stadt ist derzeit oftmals selbst als Veranstalterin aktiv und macht damit den Kunst- und Kulturschaffenden Konkurrenz. Wir wollen die Rolle der Stadt als Veranstalterin reduzieren und die Rolle als Ermöglicherin stärken. Zum “Ermöglichen” gehört für uns auch die Wiedereinführung der “Frankfurter Bühne” auf dem Museumsuferfest in der finanziellen Verantwortung der Stadt, die der Breite der Frankfurter Musikszene Raum gibt.
- Wir haben in Frankfurt einen Mangel an Räumlichkeiten für alle Arten von Nutzungen. Wir wollen aber gemeinsam mit politischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen und Frankfurter Künstler*innen Vorschläge und Konzepte dafür entwickeln, wie wir offenere Zwischennutzungen anbieten, existierende Angebote weiter öffnen und sonstige Potenziale für offene Raumkonzepte nutzen können.
Freie Szene und Sozio-Kulturelle Zentren
- Wir stehen für eine verlässliche Förderung der freien Theaterszene mit ihren Gruppen und Häusern. Wir stärken Institutionen durch mehrjährige feste Förderung und ermöglichen künstlerische Weiterentwicklung durch Erhöhung der Projektmittel.
- Wir unterstützen weiterhin die Initiative für das selbstverwaltete Offene Haus der Kulturen am Campus Bockenheim. Das Offene Haus der Kulturen ist ein Kernbestandteil der Vision des Kulturcampus und eine wichtige Unterstützung für die offene und vielfältige freie Kunstszene.
- Wir werden gemeinsam mit den Akteur*innen ein Konzept für ein Haus für die freie Szene für Tanz, Performance und Theater erarbeiten und mögliche Standorte und Finanzierungspartner*innen identifizieren.
- Wir halten an existierenden sozio-kulturellen Zentren fest und sichern ihre Freiräume. Insbesondere wollen wir autonome Kulturzentren wie das „Klapperfeld“, die „AU“ oder das „Café Exzess“ schützen. Kulturell, sozial und integrativ leisten sie einen wertvollen Beitrag für unsere Stadtgesellschaft. Eine Räumung dieser Orte oder eine anderweitige Nutzung der Gebäude lehnen wir ab. Auch diese Zentren können von der Förderung von Klimaschutzmaßnahmen profitieren, wir sichern die institutionelle Förderung und weiten sie bei Bedarf so aus, dass sie existenzsichernd ist.
Film
- Wir werden das Pupille Kino als Ort für nicht kommerzielles Kino sichern und unterstützen.
- Wir wollen die nicht kommerziellen Festivals und Filmveranstaltungen in der Stadt sowie das Filmhaus Frankfurt erhalten und unterstützen und gemeinsam mit den Veranstalter*innen und anderen Initiativen prüfen, wie das – gegebenenfalls auch in Partnerschaft mit kommerziellen Veranstalter*innen – sinnvoll möglich ist.
Musik
- Wir unterstützen Musiker*innen bei der Suche nach geeigneten Proberäumen zu bezahlbaren Preisen.
- Wir wollen Räume in Schulen in erweitertem Umfang für Musikunterricht zur Verfügung stellen und prüfen die entsprechenden Möglichkeiten.
Clubkultur
- Wir werden wie in vielen Städten auch für Frankfurt eine*n Nachtbürgermeister*in etablieren, der/die als Ansprechpartner*in für die Gastronomie, Anwohner*innen und die Clubszene bei der Stadt fungiert und Konflikte moderiert und löst. (Siehe auch den Abschnitt zu Jugendpolitik)
- Wir fördern nichtkommerzielle, jugendkulturelle Angebote, um Kreativität und Ausprobieren zu ermöglichen und um auch Menschen, die bei kommerziellen Clubs an der Tür oder an den Preisen scheitern, einen Zugang zur Clubkultur zu gewähren.
Literatur und Buch
- Wir wollen Frankfurts literarische Infrastruktur mit renommierten Häusern wie beispielsweise Romanfabrik e.V., Literaturhaus Frankfurt am Main e.V. und Hessisches Literaturforum Mousonturm e.V. stärken und freie Veranstalter*innen, Lesebühnen und Initiativen wie „Frankfurt liest ein Buch“ unterstützen.
- Wir wollen das Errungene erhalten und Lesefestivals wie Open Books und Bookfest in eine gemeinsame, kostenverträgliche Zukunft führen.
- Wir wollen den Bereich der Kulturellen Bildung durch das Erleben von Büchern und Literatur für alle Alters- und Interessengruppen fördern und Frankfurts Kindern, Schüler*innen, Schulen und Jugendlichen Literatur als selbstverständlichen Teil ihrer Bildungsbiografie ermöglichen.
- Wir wollen Frankfurt attraktiver machen für die Produzent*innen von Literatur- und Buchkultur, für Autor*innen, Übersetzer*innen, Agenturen, Illustrator*innen und Buchgestalter*innen. Denn sie alle sind, wie die Frankfurter Leser*innen, wie die zahlreichen Buchhandlungen, das A und O einer geistesgegenwärtigen Buchkultur wie sie Frankfurt braucht.
Bildende Kunst
- Wir erarbeiten ein differenzierteres Förderungssystem, da bisher ausschließlich Materialkosten gefördert werden, und unterstützen einen besseren Zugang zu Atelierräumen.
- Auch im Bereich der Bildenden Kunst müssen projektbezogene Fördermittel bereitgestellt werden, um den Künstler*innen nach der Corona-Krise eine Wiederaufnahme der Arbeit zu vereinfachen.
- Wir arbeiten an einem Konzept für Stipendien, um Förderungen unabhängig von Materialkosten zu ermöglichen.
Museumslandschaft ausbauen und weiterentwickeln
- Frankfurt hat eine sehr lebendige Museumslandschaft, die wir erhalten und ausbauen wollen. Als Orte der Auseinandersetzung mit unserer Stadtgesellschaft bieten Museen vielfältige Angebote, die wir ausdrücklich unterstützen.
- Für die Weiterentwicklung unserer diversen Stadtgesellschaft steht vor allem auch das Museum der Weltkulturen, für dessen Erweiterung wir eintreten und wofür wir einen geeigneten Ort finden wollen.
Kultur für alle zugänglich machen
- Wir wollen, dass „Kultur für alle“ stärker gelebt und belebt wird und keine Seitengasse bleibt. Kultur zugänglich zu machen ist kein Gnadenakt, sondern eine Herausforderung für alle Beteiligten, da es um Augenhöhe geht. Das betrifft auch den allgemeingültigen Anspruch auf Inklusion. Wir wollen gemeinsam mit den Kulturschaffenden und den Institutionen die bisherigen, erfolgreichen Konzepte von pädagogischen Angeboten über bauliche Maßnahmen bis zu partizipativen Projekten stärken, ausbauen und neue Impulse setzen für eine offensive, vorangehende Kulturpolitik.
Große Kulturorte, große Herausforderungen
- Wir machen uns für den Erhalt der Städtischen Bühnen möglichst unter Beibehaltung des Wolkenfoyers am Willy-Brandt-Platz, für eine Lösung unter Berücksichtigung von Umwelt-, Klima- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten und für eine Beteiligung der interessierten Bürger*innenschaft an der Finanzierung stark. Eingriffe in die Wallanlagen müssen nach Möglichkeit vermieden werden. Sollte ein Eingriff in die Wallanlagen dennoch die sinnvollste Lösung sein, muss jede Lösung zu einer quantitativen und qualitativen Aufwertung der Wallanlagen führen und insgesamt auch ökologisch eine nachhaltige Lösung sein. Vor allem aber gilt: Die Häuser müssen in erster Linie von der Kultur her gedacht sein.
- Wir wollen ein international und kooperativ denkendes und arbeitendes Kinder- und Jugendtheater in Frankfurt. Wir suchen dabei die Kooperation auch mit dem Land Hessen und der Region und erwarten von der zukünftigen Konzeption, dass sie die Zusammenarbeit mit den bestehenden freien Theatern, aber auch mit den städtischen Häusern und freien Künstler*innen als zentralen Punkt der Arbeit begreift.
- Wir wünschen uns die Wiederbelebung der großen Tradition des modernen Tanztheaters unter dem Dach der Städtischen Bühnen in Frankfurt. Für dieses Projekt werden wir im Rahmen einer breiten Diskussion die Grundlagen legen.
- Wir halten am Kulturcampus fest – vor allem auch am „Kultur“-Teil. Das Land und die Stadt müssen hier Hand in Hand mit den Beteiligten arbeiten, um die komplizierte Umnutzung der Gebäude und Flächen des ehemaligen Unicampus Bockenheim zu organisieren.
- Wir wollen eine schnelle und transparente Erarbeitung des seit Jahren ausstehenden Finanzierungskonzepts für das Zentrum der Künste sowie regelmäßige aktive Information und eine umfassende Beteiligung der Bürger*innen. Die Räume im bisherigen Studierendenhaus wollen wir den Vereinen, Gruppierungen und Initiativen im Stadtteil zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellen und das Programm des selbstverwalteten „Offenen Hauses der Kulturen“ nachhaltig fördern. Die Vereinbarungen zum „Wohnen für Alle“, öffentlich geförderten sowie genossenschaftlichen und gemeinschaftlichen Wohnungen müssen eingelöst werden.
Strukturförderung sicherstellen, bei der Mittelakquise unterstützen
- Wir verstärken die Förderung von nachhaltigen Entwicklungen und Strukturen (z.B. Fördermittel für energetische Optimierungen und Sanierungen, aber auch für nachhaltig gestaltete Arbeitsverhältnisse), erleichtern damit Kulturinstitutionen die Planung und ermöglichen es ihnen, akquirierte Projektmittel auch tatsächlich für Projekte auszugeben. Wir nutzen den Klimaschutzfonds auch gezielt für die Förderung der Anpassung von Kulturstätten an die Erfordernisse des Klimaschutzes und stellen entsprechende Mittel und Beratung durch das Energiereferat zur Verfügung.
- Wir schaffen eine Beratungsstelle, die bei der Erstellung von Förderanträgen sowohl bei der Stadt wie auch bei Dritten hilft und Kompetenzen zur Kulturförderung bündelt. Diese Stelle muss auch in der Lage sein, die Internationalität der Frankfurter Kulturszene zu bedienen und zum Beispiel Menschen zu beraten, die kein Deutsch sprechen.
- Wir werden die regionale Kreativwirtschaft in der öffentlichen Vergabepraxis so weit wie möglich gezielt unterstützen und nutzen dafür alle rechtlichen Spielräume. Wir prüfen zusammen mit den Kunst- und Kulturschaffenden die Chancen, die sich aus einer Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Frankfurt ergeben könnten.
Kulturelle Bildung stärken
- Wir werden erfolgreiche Konzepte der kulturellen Bildung auswerten und in Frankfurt fortführen oder etablieren. Kostenlose Museen sind zwar zugänglich, aber allein noch kein Konzept. Gerade im Bereich Musik und Literatur existieren in Frankfurt gute Beispiele. Wo sinnvoll und nötig wollen wir in den Kulturinstitutionen für diesen Bereich eigene Ansprechpartner*innen etablieren, die Kooperationen insbesondere auch mit Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen verstärken und den regelmäßigen Austausch ermöglichen. (Siehe auch den Abschnitt zu Bildung und Betreuung)
- Wir werden für die Frankfurter Schulen einen Fonds zur Finanzierung von Projekten der kulturellen Bildung auflegen.
- Wir wollen alle Kunst- und Kulturschaffenden dafür gewinnen, die kulturelle Bildung auch als einen besonders zu berücksichtigenden Aspekt bei der Planung von Veranstaltungen zu bedenken. Die Verbreitung von Lust an Kunst und Kultur liegt auch im ureigensten Interesse der Kulturschaffenden.
- Wir wollen gemeinsam mit Kunst- und Kulturschaffenden offene Ateliers insbesondere für Jugendliche schaffen, in denen die Jugendlichen sich ausprobieren können und dabei von erfahrenen Kunst- und Kulturschaffenden unterstützt werden.
Wissen, was war: Erinnerungskultur in die Zukunft führen
- Wir werden die Paulskirche renovieren sowie gemeinsam mit Fachleuten ein „Haus der Demokratie“ als lebendiges Zentrum für Vergangenheit und Zukunft schaffen.
- Vor Frankfurt war Nida. Wir werden am historischen Ort in Heddernheim die Möglichkeit schaffen, sich ein Bild von dieser Vergangenheit zu machen. Dabei wollen wir eine Form finden, die der Bedeutung angemessen ist und ein wirkliches Erleben möglich macht.
- Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus gehört zum Fundament unserer Gesellschaft und wir wollen sie gemeinsam mit Initiativen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen und anderen Akteuren weiter stärken und Formate finden, die diese wichtige Erinnerung weiter in die Zukunft führt.
- Wir wollen gemeinsam mit Stiftungen und Vereinen Formen finden, wie die Untaten der Nationalsozialist*innen im Bereich Sport sichtbar gemacht und in Erinnerung behalten werden können.
- Wir werden unter Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung insbesondere Frankfurter Biographien aus der Zeit des Nationalsozialismus zugänglich und lebendig machen.
- Wir werden historische Orte sichern und insbesondere die lange diskutierte Gedenk- und Bildungsstätte “KZ Adlerwerke” realisieren.
- Das Schicksal von Sinti und Roma im Nationalsozialismus werden wir besser sichtbar machen und zum Beispiel die Gräber von Opfern der NS-Zeit aus dieser Bevölkerungsgruppe erhalten und pflegen. Die Gedenktafel für die Sinti und Roma am ehemaligen Gesundheitsamt wurde aus privaten Mitteln finanziert, weil die Stadt Frankfurt sich lange Zeit damit schwergetan hat, die Verbrechen an den Frankfurter Sinti und Roma einzugestehen und die Diskriminierung auch nach dem 2. Weltkrieg fortgeführt wurde. Auch dieses Kapitel der Frankfurter Stadtgeschichte muss aufgearbeitet und eine angemessene Form des Gedenkens mit Unterstützung der Initiativen gefunden werden.
- Wir setzen uns beim Land Hessen für eine lebendige Erinnerungskultur an Schulen ein und fördern hier in Frankfurt innovative Projektideen, die letzten verbleibenden Zeitzeug*innen einzubeziehen oder lokal bedeutsame Orte und Ereignisse zu reflektieren.