Keine Ersatzfreiheitsstrafe mehr für Fahren ohne Fahrschein in Frankfurt
Um einem etwaigen Missverständnis gleich vorzubeugen: Wer ohne Fahrschein den ÖPNV benutzt, muss weiterhin 60 Euro Strafe bezahlen. Was aber in Frankfurt nun nicht mehr passiert, ist, dass Menschen, die mehrmals ohne Fahrschein gefahren sind und die Strafe nicht bezahlen konnten, dafür ins Gefängnis kommen.
Mit Ersatzfreiheitsstrafen werden Menschen, die von Armut betroffen sind, doppelt bestraft. Das finden wir unfair. Grund genug, das abzuschaffen. Aber auch wenn einem diese soziale Ungerechtigkeit egal ist, gibt es gute Gründe, gegen Ersatzfreiheitsstrafen zu sein: Diese kosten den Staat richtig viel Geld, und in der Justiz und im Vollzug werden Kapazitätengebunden. Niemand hat einen Nutzen davon.
In der Stadtverordnetenversammlung können wir kein Bundesgesetz ändern. Was wir aber machen können, ist, städtische Gesellschaften dazu aufzufordern, keine Strafanträge mehr zu stellen. Unser Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert hat noch in der Sitzung verkündet, dass dies bereits ab dem Folgetag eingestellt wird.
Wer wissen möchte, was eine Ersatzfreiheitsstrafe für Betroffene bedeutet, dem sei ein Gespräch mit dem Verein Haftentlassenenhilfe empfohlen. Der Verein berät Betroffene und kann drastische Geschichten erzählen: Von Alleinerziehenden, deren Kinder während der Haft in Obhut mussten. Oder auch von Obdachlosen, die just während sie in Haft saßen, die Chance auf eine Sozialwohnung gehabt hätten, diese dann nicht nutzen konnten und nach der Haft wieder zurück auf die Straße mussten.
Anstatt Armut zu bestrafen, sollten wir lieber Wege finden, wie wir den ÖPNV für alle bezahlbarer machen. Wir sind in dieser Wahlperiode dazu schon einen großen Schritt gegangen, indem wir Zeitfahrkarten für Frankfurt-Pass-Inhaber*innen massiv vergünstigt haben. Das ist der Weg, den wir weitergehen wollen.