Logo Sonnenblume

Die Uhr tickt: Wir brauchen den Kommunikations-Vorlauf statt Reaktivmodus

Freitag, 26.9.2025

Liebe Freund*innen,

„Nun geht es in den Endspurt. Übermorgen wird der neue Bundestag gewählt und jetzt geben wir noch einmal alles!“ So oder so ähnlich hätte dieses Intro eigentlich beginnen sollen – hätte die FDP die Ausstiegsakrobatik nicht zur Marke erklärt. Liberale Leichtbauweise mit dem Lindner-Move als Bedienungsanleitung, stets mit maximaler Geräuschkulisse. Dass diese Markentreue bis in die Römer-Koalition durchgezogen wurde, ist uns spätestens seit der Debatte um das neue Suchthilfezentrum hinlänglich bekannt.

Die kurze Inventur auf der großen Bühne: ein Kanzler Miles-&-Merz, dessen Sylt-Shuttle zum Symbol für Abstand statt Nähe wurde, ein bayerischer Wurstfluencer, der jede Brotzeit zur Kulturkampf-Kulisse gegen uns GRÜNE stilisiert und eine Graustufen-Klöckner, die Flaggen faltet, wo Haltung nötig wäre. Doch wo stehen wir als GRÜNE unter all dem Begleitlärm – und wie stellen wir uns mit Blick auf die bevorstehende Kommunalwahl auf?

Ein Blick nach NRW liefert das Stimmungsbarometer für urbane Räume – und eine nüchterne Warnung: CDU vorn, SPD schwächer, AfD zweistellig mit dem größten Zuwachs; wir GRÜNE im Land bei rund 13,5 %, Beteiligung 56,8 %. Auffällig sind starke AfD-Zuwächse in klassischen Arbeiterstädten – ein Warnlicht für quartiersnahe Antworten auf Sicherheit, Ordnung und soziale Infrastruktur. Diese Tendenzen sind keine Ruhrgebietsfolklore, sondern ein Signal, das auch in Frankfurt gehört werden will.

NRW liefert die Messwerte, Frankfurt die Übersetzung: mit klarer Kommunikation, damit aus „Die da oben hören uns nicht“ wieder „Sie nehmen uns ernst“ wird. Das gelingt, wenn wir früh erklären, wozu Schritte dienen und Konflikte als Doppelstrategien erzählen, bevor sich Deutungen verfestigen: Suchthilfe und Ordnung, Klimavorsorge und Alltagstauglichkeit, Wohnen und Haushaltsdisziplin. Entscheidend ist das Nutzenversprechen im Quartier: Was bedeutet der Schritt konkret im Gallus, was im Nordend? Derselbe Kompass, unterschiedliche Wege. So kann Transparenz zum Taktgeber werden: verlässliche Zeitachsen, benannte Meilensteine und sichtbare Zwischenergebnisse, nicht im Archiv, sondern im Stadtraum. So kippt der Ton fast unmerklich von der Rechtfertigung zur Einladung: Plan, Nutzen und Zeitpunkt liegen offen, Debatten verschieben sich, bevor sie eskalieren. Kurz: Wir brauchen den Kommunikations-Vorlauf statt Reaktivmodus, damit Mehrheiten entstehen, bevor sich Schlagworte verselbstständigen.

Die Uhr tickt, die CDU läuft längst im Wahlkampftempo. Welche Rolle wir spielen, sollten wir jetzt bewusst festlegen und den Rahmen setzen, damit wir die Deutungshoheit behalten und die Erzählung von uns kommt, anstatt über uns.

Euer Nils
Beisitzer im Kreisvorstand