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Rede „Gestaltungssatzung Freiraum und Klima“ (NR 589) David Edelmann, GRÜNE Plenum, 30.03.2023

Mittwoch, 12.4.2023

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich sehr, dass wir heute die überarbeitete Fassung der „Gestaltungssatzung Freiraum und Klima“ im Plenum beschließen können.

Diese Satzung zielt darauf ab, die Gebäude und die Freiflächen rund um die Gebäude im gesamten Stadtgebiet stärker zu begrünen. Diese Begrünung soll dazu beitragen, die Lebensqualität in Frankfurt auch in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels zu sichern und weiter zu erhöhen.

– PAUSE –

Der jüngste Weltklimabericht hat erneut unmissverständlich klargestellt, dass wir unsere Anstrengungen zur Eindämmung der Klimakrise dringend verstärken müssen und uns – gleichzeitig – schnell an die nicht mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels anpassen müssen. Wir müssen uns auf häufigere und stärkere Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren einstellen. Bereits jetzt sind die Auswirkungen des Klimawandels größer als bislang angenommen.

Auch Frankfurt wird es immer häufiger und härter treffen. Die Klimamodelle des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass wir uns in Frankfurt auf deutlich mehr sog „heiße Tage“ mit über 30°C und immer mehr sog. „Tropennächte“, in welchen die Temperatur nicht unter 20°C sinkt, vorbereiten müssen. Die teilweise monatelangen Dürrephasen und die Starkregenereignisse mit Überschwemmungen in den vergangenen Jahren zeigen uns, dass wir in Frankfurt zukünftig auch mit extrem ungleich verteilten Niederschlägen zurechtkommen müssen.

Die Hitzetage und Tropennächte stellen dabei eine erhebliche gesundheitliche Belastung und Gefahr insbesondere für ältere Menschen dar. Die Dürreperioden lassen unsere Grünflächen verdorren, den Grundwasserspiegel absinken und Bäume absterben. Die Starkregenereignisse führen dazu, dass Straßen überschwemmt werden und unsere Keller volllaufen, was hohe Kosten für die Beseitigung der Schäden verursacht.

– PAUSE –

Wir müssen daher die Begrünung von Gebäuden und Freiflächen im gesamten Stadtgebiet vorantreiben, damit wir die extreme Aufheizung unserer Stadt begrenzen und die Speicherung des Niederschlagswassers verbessern können. Dies gilt insbesondere für diejenigen Quartiere, die sehr stark versiegelt und sehr dicht bebaut sind.

Wenn wir heute durch Frankfurts Straßen gehen oder von einem Hochhaus auf die Dächer unserer Stadt blicken, dann sehen wir viel zu häufig Steinwüsten ohne Grün. Die meisten Flachdächer sind mit Kies oder Dachpappe bedeckt, die meisten Fassaden sind nicht begrünt, viele Gärten sind ohne Bäume, viele Hinterhöfe sind komplett versiegelt, viele Vorgärten sind zudem als sog. „Schottergärten“ gestaltet oder es gibt gar keine Vorgärten, weil die Gebäude direkt an den Gehweg grenzen.

Das müssen wir und das werden wir gemeinsam ändern.

– PAUSE –

Es geht hier nicht allein um die Abwehr von Gefahren und Schäden, sondern um die Sicherung und Steigerung unserer Lebensqualität, unserer Wohnqualität und unserer Aufenthaltsqualität in der Stadt.

Deshalb ergreifen wir in Frankfurt – so wie viele andere Städte in ganz Deutschland und überall in der Welt – gezielt Maßnahmen, um unsere Stadt zu begrünen und an den Klimawandel anzupassen.

So haben wir beispielsweise im letzten September die „Frankfurter Anpassungsstrategie an den Klimawandel 2.0“ beschlossen und mit dem „Abwasserkonzept“ und dem „Wasserkonzept“ zwei zentrale thematische Konzepte für den Umgang mit Wasser in Zeiten des Klimawandels vorgelegt.

Die im Herbst 2021 veröffentlichten „Starkregengefahrenkarten“ zeigen uns, wo die Gefahr von Überschwemmungen besonders groß ist.

Mit dem im letzten Jahr beauftragten „Entsiegelungskonzept“ und dem ebenfalls heute vorliegenden „Leitfaden für klimaangepasste Stadtplatzgestaltung“ werden wir in den nächsten Jahren mit hohem Tempo öffentliche Plätze entsiegeln und begrünen.

Letzten Dezember haben wir unser sehr erfolgreiches Förderprogramm „Frankfurt frischt auf – 50% Klimabonus“ verlängert, das die Begrünung von Dächern, Fassaden, Hinterhöfen und Vorgärten finanziell unterstützt.

Mit der heute vorliegenden „Gestaltungssatzung Freiraum und Klima“ schaffen wir – ergänzend dazu – verbindliche Vorgaben zur Begrünung von Dächern, Fassaden und Freiflächen. Diese Satzung ist damit Teil eines umfassenden Ansatzes, in welchem Information, Beratung, Fördern und Fordern kombiniert werden.

– PAUSE –

Als die erste Version der Gestaltungssatzung vom Magistrat vorgelegt wurde, gab es ein sehr großes öffentliches Interesse an der Satzung und viele Rückmeldungen dazu - u.a. von Klimaschutzinitiativen, Hauseigentümer*innen-Vereinigungen und Projektentwickler*innen. Die vielen Änderungsanträge aus den Ortsbeiräten und aus den Römer-Fraktionen zeigen ebenfalls sehr deutlich, wie groß das Interesse an der Satzung war und wie viele unterschiedliche Interessen hier miteinander abgeglichen werden müssen.

Die Zielsetzung, die Stadt systematisch zu begrünen, wurde dabei sehr breit geteilt und begrüßt. Bei der konkreten Formulierung einzelner Paragraphen gingen die Vorstellungen allerdings teilweise sehr weit auseinander bzw. waren sogar entgegengerichtet.

Wir als Fraktionen der Koalitionsparteien haben daher in den vergangenen Monaten die verschiedenen Rückmeldungen, Stellungnahmen und Änderungsvorschläge sehr genau und gewissenhaft geprüft, vergleichbare Satzungen in anderen Städten gesichtet, Empfehlungen von Fachorganisationen zu Rate gezogen und auf dieser Grundlage gemeinsam Überarbeitungsvorschläge formuliert.

Unser Ziel war es, Formulierungen zu finden, die die dringend notwendige Begrünung der Gebäude und Freiflächen sicherstellen und die – gleichzeitig – den Eigentümer*innen ausreichend Flexibilität und Wahlmöglichkeiten einräumen, damit die Begrünungsvorgaben in der Praxis gut umgesetzt werden können und die Bau- und Sanierungskosten und die Mietpreise so wenig wie möglich beeinflusst werden.

– PAUSE –

Lassen Sie mich beispielhaft einige der neuen Regelungen nennen:

Wir haben im Zuge der Überarbeitung klargestellt, dass die in der Satzung beschriebenen Vorgaben nur für diejenigen Bauteile und Teilbereiche der Flächen einzuhalten sind, die in einem „direkten baulichen Zusammenhang mit der Änderung stehen.“

Wir haben neu aufgenommen, dass die zu pflanzenden Bäume und Sträucher „standortgerecht“ sein müssen. Standortgerechte Pflanzen haben den Vorteil, dass sie auch unter den zukünftig zu erwartenden klimatischen Bedingungen überleben können und dass sie schon heute unseren heimischen Vögeln und Insekten als Lebensraum dienen.

Wir haben geregelt, dass die Freiflächen um die Gebäude nur noch in dem Maße versiegelt werden dürfen, wie dies ihre Zweckbestimmung erfordert. Dadurch bleiben die Flächen in großen Bereichen unversiegelt, begrünt und wasserdurchlässig.

Bei der Begrünung von Flachdächern haben wir die Möglichkeit zu einer alternativen Begrünung aufgenommen, falls die Begrünung des Dachs nicht ohne „wesentliche statische Änderungen“ möglich ist. Die Begrünungseffekte können dann z.B. durch Baumpflanzungen erzielt werden. Bestehende standortgerechte Bäume werden dabei angerechnet.

Im Paragraphen zur Begrünung von Fassaden gibt es jetzt die Möglichkeit, anstelle einer Fassadenbegrünung eine bestimmte Anzahl an zusätzlichen Bäumen oder Sträuchern zu pflanzen. Die Begrünungswirkungen sind dabei dieselben, der Aufwand und die finanziellen Kosten dafür sind jedoch sehr überschaubar.

Wir haben außerdem sichergestellt, dass die Begrünungsauflagen nicht die ebenfalls dringend notwendigen Klimaschutzmaßnahmen erschweren. Daher haben wir geregelt, dass die reine energetische Sanierung einer Fassade keine Begrünungspflicht nach sich zieht und dass Solaranlagen auf Carports, Garagen und Nebenbauten jetzt noch besser mit Dachbegrünung kombiniert werden können.

Am Ende haben wir noch einen neuen Paragraphen zur Begrünung von denkmalgeschützten Gebäuden eingefügt, da diese Gebäude besonders viel Flexibilität bei der Begrünung erfordern.

Damit haben wir jetzt eine Satzung, die wirksam zur dringend notwendigen Begrünung der Stadt beitragen wird, die aber mit Augenmaß, Pragmatismus und viel Flexibilität sicherstellt, dass für jedes einzelne Gebäude eine gut umsetzbare Lösung gefunden werden kann.

Die in den letzten Tagen vereinzelt geäußerte Kritik an der überarbeiteten Fassung der Satzung kommt aus entgegengesetzten Richtungen. Den einen gehen die Begrünungsauflagen zu weit, den anderen gehen sie nicht weit genug. Den einen ist die Satzung noch nicht flexibel genug, den anderen ist sie schon jetzt zu flexibel. Das ist für uns ein klares Zeichen, dass diese Fassung die unterschiedlichen Interessen sehr gut ausbalanciert.

– PAUSE –

Als erstes möchte ich mich daher sehr herzlich bei Rosemarie Heilig und Mike Josef und allen Kolleg*innen in den beteiligten Dezernaten und Ämtern bedanken, die diese Satzung in vorbildlicher dezernats- und ämterübergreifender Zusammenarbeit formuliert haben.

Als zweites möchte ich mich bei allen Fraktionen in diesem Haus, bei allen Ortsbeiräten und bei allen Gruppen aus der Stadtgesellschaft bedanken, die mit ihren Rückfragen, Stellungnahmen und Überarbeitungsvorschlägen dazu beigetragen haben, dass diese Satzung jetzt alle Perspektiven und Interessen unter einen Hut bringen kann.

Als drittes möchte ich mich sehr herzlich bei meinen Kolleg*innen aus den Koalitionsfraktionen und den Fraktionsmitarbeiter*innen für die sehr konzentrierte, lösungsorientierte und sehr angenehme Zusammenarbeit bei der Überarbeitung dieser Satzung bedanken.

– PAUSE –

Ich freue mich nun sehr darauf, dass wir diese neue Fassung der Satzung heute gemeinsam und wieder einmal mit sehr breiter politischer Mehrheit beschließen können und so gemeinsam Frankfurt in den kommenden Jahren deutlich grüner, lebenswerter und klimafest machen können.

Vielen Dank!