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Freitag, 15.12.2023

Liebe Freund*innen,

das Jahr neigt sich im Eiltempo seinem Ende entgegen. Eine Jede und ein Jeder wird dieser Tage das Jahr 2023 noch einmal Revue passieren lassen und dabei feststellen: Auch dieses Jahr war kein einfaches Jahr! Nicht für die Welt, nicht für Deutschland und auch für uns in Hessen hatten die letzten Monate eine veränderte politische Landkarte in petto.

In der Rückschau erscheinen die Akteur*innen im politischen Berlin, sowohl in der Opposition als auch in der Regierung, oftmals zerstritten und getrieben. Das Land fühlt sich erschöpft an, die Stimmung die man dieser Tage überall schon fast ertasten kann, ist - gelinde gesagt - gereizt.

Dabei war jene Fortschrittskoalition, die, als Ampel bezeichnet, oft Gegenstand hitziger Diskussionen ist, einst angetreten, um das Land umfassend zu modernisieren. Als Kanzler Olaf Scholz in seiner ersten Regierungserklärung Respekt und gerechte Lebenschancen als Leitbild seiner Regierung ausrief, ahnte wahrscheinlich niemand, dass nach einem Jahr Scholz wenig davon übrig bleiben würde...

Zu Unrecht - würde man meinen, denn die Liste der erfolgreichen Gesetzesvorhaben ist lang.

Viele Soziallleistungen, wie das erhöhte Kindergeld, die Reform des Wohngeldes oder die Erhöhung der Rentenbeiträge konnten gleich zu Beginn des Jahres beschlossen oder umgesetzt werden.

Mit dem Deutschlandticket schuf die Bundesregierung einen Meilenstein für einen bezahlbaren und attraktiven ÖPNV; viele Einzelvorhaben, welche weiter eine klimafreundliche und sozial ausgewogene Transformation im Verkehr, in der Industrie und beim Bauen und Wohnen unterstützen, sind in die Wege geleitet worden. Hier wurden die gesetzlichen Grundlagen für die Wärmewende, für Sanierung im Bestand sowie klimafreundlichen Neubau geschaffen.

Das überarbeitete Baugesetzbuch stärk seit diesem Jahr die Gemeinwohlorientierung im Zweiklang mit verschärften Mieterschutzregeln und einem rekordverdächtigen Budget für sozialen Wohnungsbau.

Neben einer neuen Fachkräfte- und Weiterbildungsstrategie wurde 2023 endlich, nach Jahren des Ringens, ein modernes Einwanderungsrecht geschaffen.

Kurzum: Bis auf die Bahn und die Bundeswehr funktioniert eigentlich alles - sogar die Inflation scheint gebändigt. Der Untergang schien abgewendet...

Fast. Wären da nicht die unbequemen und enormen Herausforderungen wie eine Energiekrise, welche die Industrie weiterhin beschäftigt, überlastete Kommunen durch Krisen- und Krieggeflüchtete, gewürzt durch eine Überdosis an Kriegen und Krisen, sobald man über die Grenzen schaut!

Der jüngst verabschiedete Haushalt, welcher nun den Burgfrieden in der Koalition sichern und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden soll, birgt nun jedoch Sprengstoff für neuen Koalitionszoff. Schmerzliche Einschnitte gerade für uns GRÜNE stehen uns ins Haus. Egal ob Umweltprämie für Elektroautos oder Agrardiesel; viele Subventionen werden für 2024 gestrichen und lassen es fraglich erscheinen, wie und ob die Transformation von Wirtschaft und Industrie überhaupt gelingen kann. Ein noch größeres Problem der Etateinigung stellt die Belastung der privaten Haushalte dar. Steigende CO2 Preise werden Heizen und Tanken verteuern, ebenso durch höhere Netzentgelte die Strompreise. Höhere Flugticketpreise durch eine Kerosinsteuer, Plastikabgabe der Unternehmen und deren Weitergabe an die Endverbraucher haben das Potential, Wasser auf den Mühlen radikaler Parteien zu werden. Nicht zuletzt auch deswegen sollte sich die Regierung im nächsten Jahr eine deutlich andere Kommunikationsstrategie in die Bevölkerung hinein aneignen.

Binnen Jahresfrist hat eine gewisse Partei ihre Bundesergebnisse fast verdoppelt. Wollen wir, dass 2024 mit den anstehenden Landtagswahlen im Osten kein Schicksalsjahr im negativen Sinne wird, müssen alle politischen Akteure bereit sein umzusteuern. Mehr Kontextualisierung, mehr inhaltliche Auseinandersetzungen mit den teils haltlosen Vorwürfen der Opposition; mehr erklären und weniger öffentlichkeitswirksam streiten.

Gerade bei uns in Hessen erscheint diese Haltung umso wichtiger, je skurriler die designierte hessische Landesregierung ihren Ausblick für kommende Regierungsjahre postuliert. Der in dieser Woche erschiene Entwurf des Koalitionsvertrages hat es in sich: Die neue Koalition steigt aus dem Klimaministerium aus und bietet der Bevölkerung stattdessen ein "Forst, Jagd und Weinministerium" an, treibt mit einem Genderverbot den "Kulturkampf" auf die Spitze und versucht sich schon mal ganz in bajuwarischer Manier an einem Heimatministerium. Dieser Rechtsruck ist auch unsere Chance! Attacke!

Ein kleiner Lichtblick jedoch lässt uns grade jetzt hoffen. Polen hat eine neue demokratische und pro-europäische Regierung. Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass politische Radikalisierung kein Naturgesetz ist und dass es sich lohnt, für Demokratie zu kämpfen.

Es gibt Sie also, die guten Nachtrichten! Oftmals leider unter dem Radar: Wer erinnert sich noch, dass Mexico dieses Jahr Abtreibungen entkriminalisiert, Claudia Roths KulturPass sich als ein voller Erfolg erwiesen oder Thüringen seine erste Woman of Color als Ministerin gewählt hat?

Für das neue Jahr wünsche ich mir mehr von diesen positiven Nachrichten, denn wir brauchen Sie dringend...

An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, um all den Amts- und Mandatsträger*innen unseres Kreisverbandes zu danken, welche sich Tag für Tag unermüdlich den Herausforderungen dieser schwierigen Zeiten stellen und nicht müde werden, für unsere Überzeugungen zu kämpfen.

Im Namen des Kreisvorstandes wünsche ich euch allen frohe, gesegnete und besinnliche Festtage und einen guten Rutsch in das Neue Jahr 2024!

Euer
Nico Yazdani