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Meine Gedanken zum „Welternährungstag“

Meine Gedanken zum „Welternährungstag“

Freitag, 20.10.2023

Liebe Freund*innen,

am 16. Oktober war „Welternährungstag“. Damit soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass weltweit Millionen von Menschen an Hunger leiden. Der 16. Oktober wurde als Datum gewählt, weil am 16. Oktober 1945 die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) mit der Aufgabe, die weltweite Ernährung sicherzustellen, als Sonderorganisation der Vereinten Nationen gegründet wurde.

Ich möchte diesen Tag zum Anlass nehmen, mit euch ein paar Überlegungen zum Thema „Welternährung“ zu teilen. Einige von euch wissen vielleicht, dass ich über Jahrzehnte hinweg biologischen Gemüsebau betrieben habe. Eine Frage, dir mir oft gestellt worden ist, war diese: „Kann man mit Bio-Landwirtschaft die Welt ernähren, oder vergrößert man damit sogar den Hunger in der Welt?“
Kurze, klare Antwort: Es wäre möglich, obwohl die Erträge im Bio-Anbau in der Regel niedriger sind, als bei der industriellen Landwirtschaft. Aber dafür wird die Fruchtbarkeit des Bodens nachhaltig erhalten, meist sogar verbessert. Auf biologisch bewirtschafteten Böden könnte man noch Jahrtausende Landwirtschaft betreiben. Der Humusgehalt im Boden ist höher als bei Böden in der industriellen Landwirtschaft, damit wird nebenbei auch noch sehr viel Kohlendioxid im Boden gespeichert.

Für die Welternährung braucht man keine industrielle Landwirtschaft, ein anderer Punkt ist wichtiger: die Menge des Fleisches, die in der Landwirtschaft produziert wird. Wenn Weizen, Soja, Mais oder andere hochwertige pflanzliche Nahrung zur Fleischproduktion verfüttert wird, können von der gleichen Fläche nur noch ein Zehntel der Menschen ernährt werden, wie wenn man den Weizen, das Soja oder den Mais einfach gleich zur menschlichen Nahrung genutzt hätte. Der Umweg über die Fleischproduktion stellt eine riesige Verschwendung von Nahrungsmitteln dar. Daran möchte ich anlässlich dieses Datums erinnern.

Weniger wäre hier mehr. Wir müssen nicht komplett auf Fleisch verzichten, auch wenn es Menschen gibt, die nicht nur vegetarisch, sondern sogar vegan leben, und damit vormachen, dass Menschen für eine gesunde Ernährung nicht auf Fleisch angewiesen sind. Wir Grüne sind gebrannte Kinder, wenn es darum geht, Vorschläge zu machen, wie sich Menschen ernähren sollen, Stichwort „Veggy-Day“. Aber kann der Schluss aus diesen Erfahrungen sein, dass wir das Thema jetzt komplett totschweigen?

Unser Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat ein Eckpunktepapier „Weg zur Ernährungsstrategie der Bundesregierung“ vorgelegt, das Ende dieses Jahres vom Bundestag beschlossen werden soll. In diesem Strategiepapier wird sehr vorsichtig formuliert. Der Schwerpunkt liegt auf einer gesunden Ernährung, dazu kommen dann noch Aspekte wie Regionalität und Tierwohl. Statt „Verzicht auf Fleisch“ ist die Rede von einer „pflanzenbetonten Ernährung“. Cem Özdemir setzt auf Information und Aufklärung, nicht auf Verbote. Aber er macht sehr deutlich, dass eine Umstellung auf mehr pflanzliche Nahrung bei weniger Fleischkonsum viele Vorteile hätte. Für die Hungernden in der Welt, für die Umwelt und nicht zuletzt auch für die Gesundheit vieler Menschen, die momentan mehr Fleisch zu sich nehmen, als ihnen eigentlich gut tun würde.

Ich meine, angesichts von 735 Millionen hungernden Menschen (FR vom 17.10.2023) dürfen, ja müssen, auch Grüne weiterhin darauf hinweisen, dass das derzeitige System mit industrieller Landwirtschaft und hohem Fleischkonsum nicht wirklich funktioniert. Viele Menschen hungern, andere werden krank, viele Tiere leiden, Gifte wie Glyphosat verteilen sich über die ganze Erde, und die Fruchtbarkeit der Böden nimmt ab, was durch noch mehr Chemie kompensiert werden soll. Regenwälder werden gerodet für den Soja-Anbau, damit wird die Klimakatastrophe vorangetrieben, was auf Dauer ganz bestimmt nicht förderlich ist für die Welternährungslage.

Das alles muss gesagt werden. Lasst uns gemeinsam die richtigen Worte dafür finden, aber lasst uns nicht schweigen.

Liebe Grüße

Euer Thomas Schlimme