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Rede zum Haushaltsentwurf 2022 I

Donnerstag, 9.6.2022

Stadtverordnete Tina Zapf-Rodríguez, GRÜNE:

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

werte Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren!

Wir legen als Koalition unseren ersten gemeinsamen Haushalt vor, der auch in einer Kommune wie Frankfurt auf mehrere globale Krisen gleichzeitig reagieren muss: den Krieg in der Ukraine, die Coronapandemie, die auch die gesellschaftliche Spaltung zu vertiefen droht, und als Jahrhundertaufgabe natürlich die Klimakrise. Auf diese drei Punkte möchte ich im Folgenden kurz eingehen.

Bezüglich des Kriegs in der Ukraine haben wir mindestens drei Effekte aus haushalterischer Perspektive zu betrachten: die aktuelle Preisentwicklung, die Folgen für die Konjunktur und die Kosten der Hilfe. Die Kosten der Hilfe wollen und können wir aktuell tragen. Hier sind wir wie alle Kommunen aber auf die Unterstützung von Land und Bund angewiesen. Dazu ist der Magistrat mit allen Ebenen im engen Austausch. Die Preisentwicklung trifft die Kommune genauso wie alle Menschen. Sie bringt erhebliche Risiken mit sich und wir werden in der Haushaltsführung sehr darauf achten müssen. Auch die Risiken bezüglich Konjunktur und damit die Einnahmeseite kann niemand aktuell realistisch beziffern. Sie werden uns eventuell auch langfristig beschäftigen und sicherlich auch die Debatten zum Haushalt 2023 weiterhin prägen. Für uns stehen aber eindeutig die Hilfen im Vordergrund, und diese leisten wir auch. Darüber haben wir bereits im letzten Plenum ausführlich gesprochen.

Zweitens, zum Punkt Coronapandemie: Unter den Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie haben neben den Seniorinnen und Senioren vor allem Kinder und Jugendliche gelitten. Sie konnten über lange Zeiträume nicht zur Kita oder Schule gehen und ihre Freundinnen und Freunde treffen. Ihre sozialen Kontakte, ihre Bewegungsfreiheit, ihre Möglichkeiten wurden über zwei Jahre ex-trem eingeschränkt. Das führte zu Bildungslücken, hat aber vor allem für die emotionale Entwicklung und das soziale Lernen von Kindern und Jugendlichen enorme Folgen. Denn beide funktionieren nur über reale Begegnungen mit anderen. Das Leben unter Corona-Einschränkungen hat Familien zu andauerndem Zusammensein auf engem Raum gezwungen, was zusätzlichen Stress ausgelöst hat. Jetzt brauchen Kinder und Jugendliche mit ihren Familien besondere Maßnahmen zur Förderung eines aktiven Miteinanders, zur Förderung sozialer Kontakte und Interaktion, von Bewegung und von kultureller Teilhabe, um sie in ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung zu stärken und ihre Kraftreserven wieder aufzufüllen.

                              (Beifall)

Das schlägt sich in unserem Haushalt nieder, beispielsweise im Bereich Ferienfreizeiten, Jugendarbeit, auch interkulturelle Jugendarbeit, oder auch bei den Spielplätzen. Auch die Arbeit des Stadtschülerinnen- und Stadtschülerrates soll finanziell noch mehr gefördert werden. Und auch die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen hat sich durch die Ereignisse in den letzten zwei Jahren dramatisch verändert. Die Folgen der Coronapandemie stellen für viele Menschen eine extreme Belastung dar. Es folgen neue, nicht vorauszuahnende Situationen, wie beispielsweise - wir kamen schon darauf - der derzeitige Krieg in der Ukraine. Auch hier können Gesundheitsverschlechterungen für Menschen der vulnerablen Gruppen eintreten. Wir wollen zeitnah und angemessen mit unseren städtischen Hilfeangeboten reagieren. Deshalb bedarf es eines Handlungskonzeptes, welches sich als Aktionsplan aus den Punkten der UN-Behintertenrechtskonvention ergeben kann, um konkret auf die gesonderten Bedürfnisse und Perspektiven von Menschen mit psychischen Erkrankungen schneller und angemessener zu reagieren.

                              (Beifall)

Das Ziel, mit den betroffenen Menschen selbst als Mitgestaltende eine neue Form des sozialpsychiatrischen und medizinischen wie auch gesellschaftlichen Umgangs mit psychisch erkrankten Menschen zu entwickeln, ist eine Herausforderung, der wir uns als Stadt Frankfurt gerne stellen wollen. Bisher ist uns weltweit kein solches Konzept bekannt und wir freuen uns, mit dem Haushalt 2022 erste Schritte für diesen Aktionsplan Psychiatrie zu gehen und Gelder dafür bereitzustellen.

                              (Beifall)

Als dritten Punkt nenne ich die Jahrhundertaufgabe Klimakrise. Ein wichtiger Baustein des Haushaltes sind die Investitionen im Kampf gegen die Klimakrise. Das gehen wir mit Investitionen im Zusammenhang mit dem Klimaschutz an, die neu aufgenommen beziehungsweise erheblich ausgeweitet wurden. Hier geht es um ein Volumen von 35 Millionen Euro im Jahr 2022 und insgesamt 245 Millionen Euro im Finanzplanungszeitraum 2022 bis 2025.

                              (Beifall)

Als Beispiele zu nennen wären hier beispielsweise der Klimafonds „Frankfurt frischt auf“, Klimawandelanpassungsmaßnahmen, der Erneuerbare-Energien-Fonds oder die energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden und auch die Ladeinfrastruktur, also Stichwort E‑Mobilität.

                              (Beifall)

Wir haben uns als Koalition und als Stadtverordnetenversammlung dem Ziel der Klimaneutralität 2035 verschrieben. In Frankfurt machen wir uns gemeinsam auf den Weg und hinterlegen unseren Maßnahmenkatalog auch mit finanziellen Mitteln. Wir sorgen insbesondere dafür, dass zusätzliche Mittel für die Erstellung des neuen Klimaschutzplans bereitstehen. Das Ergebnis soll ein klarer Zielpfad mit quantifizierten, praxisorientierten Maßnahmen sein, der verbindliche Treibhausgasreduzierungen mit Zwischenzielen sowohl für die Stadtverwaltung als auch für die gesamte Stadt festlegt. Zur Begrünung der Stadt führen wir beispielsweise innovative und digital gestützte Formate ein. Wir stellen Mittel bereit, damit das digitale Gründachpotenzialkataster wie in Hanau oder Darmstadt eingeführt werden kann. Dort kann jeder auf einen Klick sehen, ob sich die eigene Dachfläche oder der eigene Hinterhof zur Begrünung eignet. Bei all den unterschiedlichen Vorhaben wagen wir den Einstieg in eine wirkungsorientierte Haushaltspolitik, um die Haushaltsmittel endlich effizienter zur Lösung von Problemen einzusetzen. Wir wollen weg von einer Haushaltssteuerung mit dem Blick darauf, wie viel Geld wir für einzelnen Aufgaben ausgeben. Die Wichtigkeit der Aufgaben zeigt sich nämlich genau nicht daran, wie viel Geld wir aufwenden, es geht vielmehr darum, notwendige Aufgaben zu erfüllen und eine positive Wirkung für die Bürgerinnen und Bürger zu erzielen.

                              (Beifall)

Wir werden den wirkungsorientierten Haushalt als Steuerungsgrundlage schaffen. Auch die Kämmerei arbeitet bereits mit Hochdruck daran. Für den Haushalt 2022 gehen wir also den ersten Schritt in diese Richtung. Die Aufgaben sind enorm. Gleichzeitig lassen sich unsere Vorhaben nicht sofort umsetzen, das ist uns allen klar. Wir müssen mit Blick auf das Jahresergebnis unsere Prioritäten setzen. Das haben wir gemacht. Mit dem vorgelegten Haushaltssicherungskonzept werden die Konsolidierungsnotwendigkeiten besser geordnet. Es wird Transparenz geschaffen und die bisher geplanten Konsolidierungsbeiträge aus den Vorjahren werden endlich noch klarer geordnet. Die Steuerschätzungen sehen momentan zwar gut aus, das sind jedoch nicht unbedingt konjunkturelle Effekte, sondern Effekte des steigenden Preisniveaus. Die Zinsentwicklung ist ungewiss. Daher müssen wir den eingeschlagenen Weg der Priorisierung und Konsolidierung fortsetzen. Aufgabenkritik ist deswegen für uns unerlässlich und Controllinginstrumente sind zu systematisieren.

                              (Beifall)

Wir haben mit dem Haushalt 2022 und den ergänzenden Etatanträgen klare Akzente der neuen Frankfurter Koalition gesetzt. Unsere Haushaltspolitik zeichnet sich dabei durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit für die gemeinsame Sache aus. Wir bringen unsere Stärken ein, ergänzen einander und schaffen so die Grundlage für eine auf Zukunft gerichtete Politik.

Die Botschaft dieses Haushaltes ist klar: Wir handeln und bekämpfen die Folgen der Krisen. Wir stellen uns den Herausforderungen der Mobilitätswende, wir stärken Klimaschutz und sozialen Zusammenhalt, genauso wie den Kultur-, Wirtschafts- und Bildungsstandort Frankfurt.

Danke für die Aufmerksamkeit!

                              (Beifall)